Traumzeit
"Aus dem Stoff sind wir Menschen, aus dem man Träume macht." Eine Hommage an William Shakespeare zu seinem 400. Todestag und an Carl Hoffmann zu seinem ersten Todestag.
Vor 400 Jahren starb am 23. April William Shakespeare, der große englische Dichter, vor einem Jahr am 21. April starb Carl Hoffmann, einer seiner Illustratoren. Diesen beiden ist die Ausstellung "Traumzeit", die am 23. April 2016 in der Fouqué-Bibliothek in Brandenburg/Havel eröffnet wird, gewidmet.
"Aus dem Stoff sind wir Menschen, aus dem man Träume macht." Das Zitat stammt aus Shakespeares Komödie „Der Sturm“ und fasst zusammen, was sein Werk ausmacht: Das Leben der Menschen zwischen Zauber, Märchenhaftigkeit, Poesie und Komödie. Es bezieht sich auf den Menschen und sein Leben an sich, aber auch auf die Fiktion im Londoner Globe-Theater, in dem „Der Sturm“ aufgeführt wurde. Fantasie und Wirklichkeit verschwimmen auf allen Ebenen. Im Leben der Menschen ist die Kindheit vielleicht die Zeit, in der die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit noch am ehesten fließend sind. Um 1600 wurden Kinder noch wie kleine Erwachsene angesehen, Shakespeare richtete sich in seinen Stücken an Erwachsene, auch in den Komödien und Märchen.
Franz Fühmann, der die „Shakespeare-Märchen“ für Kinder nacherzählte, richtet sich direkt an seine junge Leserschaft: „Liebe Kinder, die Märchen … waren einmal Theaterstücke. Aber weil Kinder abends nur selten ins Theater dürfen und Theaterstücke meist nicht gern lesen, habe ich sie Euch eben als Märchen erzählt.“ Er wusste Kinder an die Hand zu nehmen und sie auf ihre Weise in die Welt der Literatur, der Fantasie und der Träume mitzunehmen. Dabei war er kein Fantast: Sein Fazit am Schluss: „Der Mensch braucht keine Wunder, um in einer menschlichen Welt leben zu können. Es liegt an ihm, wie er sich die Erde einrichtet.“ Das Buch erschien 1968 im Kinderbuchverlag Berlin. Es gibt zwei verschiedene Ausführungen: die erste wurde von Bernhard Nast, die zweite 1983 von Carl Hoffmann illustriert. Dieses Buch und seine Illustrationen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung.
Impressionen von der Ausstellung
Franz Fühmann fasst das für ihn wesentliche zusammen: Das Märchen von den Irrfahrten des Prinzen Perikles von Tyrus erzählt eine Abenteuergeschichte, die auf eine antike Sage zurück geht. Prinz Perikles wirbt um die schönste aller Königstöchter. Viele hundert Freier verloren ihr Leben, weil sie das Rätsel nicht lösen konnten, das sie ihnen aufgab. Zwar lüftet Perikles das Geheimnis, das ersehnte Glück aber erlangt er nicht. Erst nach Stürmen und Verzweiflung wendet sich sein Geschick. Am Ende siegen Tapferkeit und Aufrichtigkeit, Prinz Perikles, seine Frau und seine Tochter sind nach Jahren der Trennung wieder glücklich vereint. Eine besondere Rolle spielt ein Arzt, der Perikles Frau wieder ins Leben holt. Am Ende folgert Fühmann: “Denn Kunst und Wissenschaft sind nützlicher und darum wertvoller als Schönheit, Adel, Gold und Rittertum.“
Im „Sommernachtstraum“, dem zweiten Märchen sind die Jahreszeiten in Verwirrung geraten. Im Winter brennt die Sonne und im Sommer fällt Schnee. Oberon, der König der Elfen, und seine Königin Titania bekriegen sich mit Blitz und Hagelschlag. Nebel, Frost und Überschwemmung bedrohen das Leben in der schneeweißen Stadt Athen. Seinen Höhepunkt findet das Durcheinander in einer Sommernacht. Der Stadtwald scheint in einen wirren Traum verzaubert, bevor am Ende alle Liebespaare glücklich vereint sind und das königliche Elfenpaar sich wieder versöhnt. Doch Fühmann warnt die Kinder:“ Wenn sich das Wetter plötzlich verklärt und es in den Lüften zu rauschen und zu schwirren beginnt, dann hütet Euch, in die Wälder zu gehen. Vielleicht beginnt ganz in Eurer Nähe ein neuer Sommernachtstraum!“
Ins sonnige Südland führt das „Wintermärchen“ den Leser. Schwere Schuld hat der misstrauische König Leontes auf sich geladen. Seine treue Frau und seinen besten Freund verdächtigt er des schändlichsten Verrats. Keiner seiner Räte wagt es, dem Tyrannen zu widersprechen. Selbst das Orakel von Delphi kann den Rasenden nicht umstimmen. Totenstarre senkt sich über das Land und seine Bewohner; keine Blume blüht, kein Vogel singt. Zwanzig Jahre der Trauer lassen kaum Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang. Wird die Liebe zwischen Prinz Florizel und der schönen Schäferstochter den Zauber brechen?
Schimmernd und bunt steigt eine wunderbare Welt aus den Buchseiten. Im Gewand des Märchens machen die Geschichten deutlich, wie Menschen sich zueinander verhalten. Machtgier und Neid, die Sucht nach Geld und Besitz führen ins Verderben. Liebe, Freundlichkeit und gegenseitige Hilfe bringen Wärme und Licht in die Welt.