Leben auf der Geest
Von Pingos, Wohnstallhäusern und Wallhecken
Die Geschichten von Laang Hinnerk über das Leben auf der Geest beginnen vor 12.000 Jahren, als die Eiszeit zu Ende ging.
Sie gehen bis heute und sind auch heute noch nicht zu Ende, weil der Meeresspiegel wieder ansteigt und die Menschen an der Küste sich wieder Sorgen um ihre Zukunft machen müssen.
Zum Leben auf der Geest hat ZEITseeing im Museum „Leben am Meer“ in Esens / Ostfriesland eine neue Dauerausstellung gestaltet. Sie ist in einer alten Mühle eingerichtet und beschreibt in sieben Episoden die unterschiedlichen Epochen menschlicher Besiedlung auf der sogenannten Geest.
Als nach der letzten Eiszeit das Eis schmolz, blieb die Geest als Sand- und Gerölldecke übrig, ein unfruchtbares, aber sturmflutsicheres Gebiet, weil es etwas höher lag als fruchtbare Marsch, die regelmäßig vom Meer überschwemmt wurde. Dafür war der Boden hier entweder sandig oder moorig und für Getreideanbau denkbar schlecht geeignet. So kam es früh zu intensivem Handel, um neben der Landwirtschaft noch etwas zu erwirtschaften. Im beginnenden Mittelalter gelang es den Bauern mit der Düngung durch Viehmist auf sogenannten Eschen, den Getreideertrag zu steigern. Gleichzeitig begann mit der Gründung von Dörfern und Klöstern die systematische Erschließung der Landschaft. Die Geest wurde Siedlungsland.
Blick in die Ausstellung
Nicht nur für Kinder führen die Geschichten des ostfriesischen Jungen Laang Hinnerk zu den einzelnen Epochen und ihren Besonderheiten. Wer kennt die „Pingos“, die aus der Eiszeit in der Landschaft übrig blieben, und wer weiß, dass in der Bronzezeit Reichtümer in den Gräbern der Großbauern lagen? Vor 1.400 Jahren lebten die Bauernfamilien mit ihrem Vieh unter einem Dach, und mit dem regelmäßig aufgebrachten Mist der Tiere wuchsen die Äcker in die Höhe. Wallhecken kennzeichneten die ersten Grundstücksgrenzen, und von Holland kamen die Windmühlen herüber und bestimmten das Bild der Landschaft, so wie heute die Windräder und die Ballons der Biogasanlagen. Die Moore, die einst halb Ostfriesland bedeckten, wurden mit Kanälen trockengelegt, an denen wie an der Küste Schiffbau und Handel blühten.
Die Ausstellungsexponate zu den einzelnen Epochen sind zentral in einem Vitrinenkomplex untergebracht, darunter der 3.500 Jahre alte bronzezeitliche Schmuck der „Dame von Brill“, der hier zum ersten Mal öffentlich gezeigt wird. Eine rekonstruierte Holzbohlenwand eines frühmittelalterlichen Langhauses zeigt original erhaltene Bohlenreste, die in einigen Brunnen verarbeitet bis heute überlebt haben.
Für Kinder gibt es erste museumspädagogische Angebote, die zukünftig ausgebaut werden sollen.
Ein Getreidedominospiel beschreibt Getreidsorten, Produkte und Orte, die auf der Geest eine wichtige Rolle für Verarbeitung und Ernährung gespielt haben. Das Spiel unterhält nicht nur, es fordert die Kinder auch auf, selbständig Zusammenhänge zwischen Pflanze und Verarbeitung zu entdecken. Da die Ausstellung in einer Windmühle eingerichtet ist, wird das Museumsgebäude als Anschauungsort mit einbezogen.
Das Wallheckenspiel zeigt auf einer großen Tafel einen Querschnitt durch eine Wallhecke. Im Erdwall, im Unterholz und auf den Bäumen der Wallkrone leben viele Tiere. Wo sie genau wohnen, sollen die Kinder mit magnetischen Tafeln kennzeichnen. Mit dem Spiel korrespondiert ein echtes Wallprofil zum Vergleich.
Die neue Ausstellung ist in kulturgeografische Exkursionsangebote in das Umland eingebunden.